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Der Trickfilm im Dritten Reich
Das grosse Vorbild Walt Disney vor Augen, lancierte das Dritte Reich
die Trickfilmindustrie in Deutschland. Es sollte besser und grösser
werden als Disney selbst, dies allerdings stellte sich als illusorisch
heraus. Zu gering waren die Erfahrungswerte der Vergangenheit. Zwar gab
es schon sehr erfolgreiche Animationsfilme, allen voran die Scherenschnittfilme
von Lotte Reiniger, doch eine Animationsindustrie wie in den USA existierte
nicht.
Dennoch vermochte der deutsche Trickfilm der damaligen Zeit wichtige
Impulse zu setzen.
Nicht zuletzt durch die Begeisterung Hitlers für den Trickfilm
konnte die neu entstehende Trickfilmindustrie speziell am Anfang der Nazizeit
auf grosszügige Unterstützung zählen.
Ein Tagebucheintrag Goebbels verdeutlicht die Begeisterung Hitlers:
“Ich schenke dem Führer 12 Micky-Maus-Filme zu Weihnachten!
Er freut sich sehr darüber. Ist ganz glücklich über diesen
Schatz”. (20.12.1937).
Der Aufschwung des Trickfilms begann, als sich Hitler eines Tages
fragte, warum das Deutsche Reich nicht auch Filme wie Disney herstellen
kann.
Bis dahin gab es in Deutschland keine eigentliche Trickfilmindustrie,
vielmehr wurden brave Filmchen in kleinen Unternehmen hergestellt. Von
Filmen mit echter Filmhandlung konnte keine Rede sein.
Mit der Realisierung dieser Industrie wurde der neue Markt natürlich auch für Propagandazwecke genutzt, doch den Hauptteil machten reine Unterhaltungsfilme aus, die von schlechten Zeiten ablenken sollten.
In den 30er Jahren wurden viele Trickfilmzeichner aus ganz Deutschland von der Goebbelsschen Propaganda-Maschinerie erfasst und dazu aufgeboten, ein deutsches Walt-Disney-Pendant zu schaffen und so der übermächtigen "US-Fabrik" die Stirn zu bieten. Man studierte die Techniken von Disney und suchte gleichzeitig auch neue Wege. Teilweise wurde die Technik der Disney-Studios schon vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten kopiert, bereits 1931 versahen die deutschen Trickfilmzeichner - frei nach Walt Disney - die Hände der Figuren mit vier anstatt bisher fünf Fingern, was eine erhebliche Zeitersparnis bei der Erstellung der Figuren mit sich brachte.
Mit dem Ausbruch des 2. Weltkriegs wurden die Trickfilme zunehmend auch für die Propaganda mit einbezogen. Der Trickfilm “ Der Störenfried” (40) von Hans Held zeigte, wie alle Tiere des Waldes zusammenhalten, um den Störenfried - ein Fuchs - zu vertreiben. Die Igel, mit Wehrmachtshelmen, und die Wespen in typischer Fliegerformation, machten mobil.
Doch Goebbels war wenig begeistert von den noch immer unbeholfen wirkenden Animationen. Er und Hitler träumten weiter von Disney-Filmen in der Qualität von “Schneewittchen und die sieben Zwerge”.
1941 wurde vom Propaganda-Ministerium eine Zeichenfilm-Produktionsgesellschaft
in kleinem Rahmen mit Sitz in Berlin-Dahlem gegründet. Der Leiter
war Luis Sehl, der eigens von Rio nach Deutschland berufen wurde, um diese
Aufgabe wahrzunehmen. Die Aufgabe dieser Produktionsgesellschaft war die
Herstellung eines Zeichentrickfilms über den Berggeist "Rübezahl".
Dieses Vorhaben scheiterte jedoch an der mangelhaften Organisation und
an dem Unvermögen der Leitung.
Nach dem misslungenen Versuch rief Goebbels 1942 die Deutsche Zeichenfilm
GmbH ins Leben. Die künstlerische Leitung fiel an Dr. Kruse. Ein Konzept
von damals zeigte auf, was in den nächsten Jahren alles hergestellt
werden sollte, u.a. auch der erste abendfüllende Film für das
Jahr 1947 vorgesehen.
Am Beginn dieser professionellen Zeichentrickfilmproduktion wurden der Theaterkritiker Friedrich Luft und die Zeichner Horst von Möllendorf, E.O. Plauen (eigentlich Erich Ohser 1903-1944) und Manfred Schmidt (1913-1999) - der später mit Nick Knatterton Kultstatus erreichte - rekrutiert.
Die Herstellung des ersten Trickfilms mit dem Titel "Armer Hansi"
wurde auf fünf Arbeitsgruppen (Ateliers) verteilt, die in einer Teamarbeit
mit selbständiger Verantwortung jeweils einen Komplex anzufertigen
hatten.
Die Produktionsgesellschaft verfügte gar über eine Zeichenschule
und hatte den ehrgeizigen Plan, 20 Jahre Vorsprung der amerikanischen Filmindustrie
mitten im Krieg aufzuholen.
Nach der Einberufung von Dr. Kruse zum Militärdienst übernahm der Dramaturg der Gesellschaft, Frank Leberecht, die künstlerische Leitung.
Da eine grosse Anzahl an Zeichnern nötig waren, um die unzähligen Bilder anzufertigen, wurden auch Polen, Franzosen und Exilrussen gegen Bezahlung eingestellt.
Der 17-minütige Film “Armer Hansi” verschlang zwei Jahre Arbeit
und setzte neue Massstäbe, nicht nur die Bilder betreffend, sondern
auch mit der Verwendung elektronischer Musik. Verantwortlich für die
Musik war Oskar Sala (1909), der später berühmt wurde für
seine Filmmusik zu Hitchcocks “Die Vögel”.
Goebbels schrieb in sein Tagebuch:
“Der erste Zeichenfilm, der mir aus seiner Produktion vorgeführt wird, zeigt zwar noch sehr viele Schwächen, aber er stellt doch einen guten Anfang dar”.
Infolge der Kriegsverhältnisse in Berlin wurden die Arbeitsteams 1943 nach München und Wien verlagert, wo man sich mit den Vorarbeiten weiterer Filme befasste. Bis zur Auflösung der Deutschen Zeichenfilm GmbH im Oktober 1944 kam es aber zu keiner weiteren Fertigstellung, sodass es nur bei dem einen hergestellten Film blieb.
Als Goebbels den ersten abendfüllenden Film mit dem Titel "Schnuff,
der Niesser" ins Leben rief, arbeiteten rund 500 Zeichner an dem Projekt.
Doch Goebbels ging die Herstellung zu langsam voran und er bezog auch noch
die Firma Fischerkoesen mit ein. Später verlagerte Goebbels die Produktion
auch ins Ausland, u.a. nach Holland und Tschechoslowakei.
Hans Fischerkoesen konnte sich schon vor diesem Auftrag einen Namen
machen als einfallsreicher Animationsfilmer. Er versuchte nicht, Disney
zu kopieren, sondern pflegte seinen eigenen Stil. Er überraschte mit
technischen Neuerungen, u.a. baute er erste 3-dimensionale Modelle in die
Trickfilme ein.
Fischerkoesens “Der
Schneemann” war einer der Höhepunkte in der Nazizeit und erzählt
die Geschichte eines Schneemanns, der unbedingt den Sommer sehen möchte
und daher in einem Kühlschrank überwintert.
In der letzten Kriegsphase realisierte Fischerkoesen den Film “Das
dumme Gänslein” (44/45).
Eines war den Filmen von Fischerkoesen gemein, sie kamen ohne Sprache aus, nur Musik und Hintergrundgeräusche waren zu hören. Dies lag in erster Linie daran, dass man die Filme auch über die Landesgrenzen hinaus einsetzen wollte ohne aufwendige Synchronisation.
Mit dem Ende des 2. Weltkrieges kam auch der neue Deutsche Trickfilm zum Stoppen. Doch die Zeichner konnten auch nach dem Krieg in ihrem Beruf weiter arbeiten. Die Animationsindustrie war zwar zerstört, doch viele Zeichner fanden vor allem im boomenden Werbefilm Beschäftigung, welcher speziell in den 50er und 60er Jahren seinen Höhepunkt hatte.
Der Beruf des Trickfilmzeichners war sehr hart. Nicht selten mussten
sie bei schlechter Bezahlung sechs Tage in der Woche arbeiten und öfters
mal an einem Sonntag Arbeit mit nach Hause nehmen, um Phasen und dergleichen
zu zeichnen. Unbezahlte Überstunden waren nichts ungewöhnliches.
Da die meisten Zeichner in der Anonymität blieben und nur wenige eine
namentliche Nennung erfuhren, wurde innerhalb der Zeichenteams manchmal
mit harten Bandagen gekämpft. Jeder kannte jeden und man wusste immer
etwas über den anderen zu berichten.
Gerhard Fieber wurde 1916 geboren.
Bereits in seiner Schulzeit begann seine Zeichenleidenschaft,
wo er die Lehrer karikierte. Er studierte in Berlin Grafik und Drucktechnik
und arbeitete als Reklame- und Humorzeichner für die Presse. In den
30er Jahren war er für die Werbefilmabteilung der Universum Film-AG
(Ufa) tätig und erhielt dort Kontakt zu den wichtigsten deutschen
Werbefilmgestaltern.
Zwischen 1942 und 1945 war er als Chefzeichner und künstlerischer Leiter bei der Ufa-Tochter Deutsche Zeichenfilm GmbH beschäftigt. Dort realisierte er mit anderen Zeichnern den Zeichentrickfilm "Armer Hansi" (1943). Zuvor arbeitete Fieber schon an Illustrationen für die Berliner Olympiade oder zu Boxkämpfen des legendären Max Schmeling.
Die Aufgabe Fiebers war es, den deutschen Trickfilm auf Disney-Niveau
zu bringen.
Durch die Zerbombung Berlins zog Gerhard Fieber mit dem Trickfilmstudio
nach Dachau/München um.
"Es war dies eine schlechte Zeit. Während der Arbeit beschäftigte man sich mit Trickfilmfiguren, auf der Strasse sah man gleichzeitig Gefangene vor Wagen gespannt als Pferdeersatz. Trotzdem sollte man lustige Figuren zeichnen, es war grauenhaft" - so Gerhard Fieber in einem späteren Interview.
Nach dem Krieg brachte Fieber, jetzt Mitarbeiter der neugegründeten DEFA, "Purzelbaum ins Leben" (1946) in die ostdeutschen Kinos. Für die DEFA-Wochenschau "Der Augenzeuge" zeichnete er das erste deutsche Nachkriegs-Zeichentrickfilm-Sujet: "Der U-Bahn-Schreck". Daneben zeichnete er auch Werbefilme für die SED.
1948 gründete Fieber die EOS-Film-Produktion in Bad Sachsa,
die sich in den Wirtschaftswunderjahren zum grössten deutschen Zeichenfilm-Studio
entwickelte. Mit "Tobias Knopp, Abenteuer eines Junggesellen" - nach Wilhelm
Busch - realisierte er 1949 den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm
der Nachkriegszeit. Die Stimmen wurden von namhaften deutschen Schauspielern
gesprochen wie Erich Ponto, Günter Lüders, Grethe Weiser und
René Deltgen.
Die EOS-Film-Produktion konzentrierte sich auf den aufstrebenden
Werbefilm. Fieber schuf Arbeiten für Behörden, Gewerkschaften,
Parteien und Wirtschaftsunternehmen.
Mit dem Aufkommen des Fernsehens in den 60er Jahren widmete sich
Gerhard Fieber auch diesem Medium und erhielt etliche Auszeichnungen (u.a.
das Filmband in Gold).
1969 begann die Kooperation mit Franz Thies (Neue Filmproduktion Wiesbaden), welche Gerhard Fieber jene Trickfilmarbeit einbrachte, die auch heute noch lebendig und äusserst beliebt ist - Die Mainzelmännchen (von Erfinder Wolf Gerlach).
Gerhard Fieber gehörte zu "den letzten der Mohikaner" aus
einer Zeit, in der Animationsfilme noch komplett aus der Hand gefertigt
wurden.
Seine Kreativität und seine Ideen blieben bis zuletzt ungebrochen.
Am 6. Januar 2013 verstarb er im Alter von 96 Jahren.
Gerhard Fieber zeichnete für mich 1998 die hier abgebildete Hundedame "Tina".
Eine filmische Biographie kann zur Zeit auf youtube
abgerufen werden.
Heinz Tischmeyer wurde 1913 geboren.
Seine Ausbildung zum Trickfilmzeichner begann er im 16. Altersjahr
beim Trickfilm-Atelier Waechter in Berlin, wo er von 1928 bis 1931 arbeitete.
Ebenfalls seit 1928 gestaltete er humoristische Werbe-Zeichentrickfilme
und erlernte die Anfertigung von technischen Zeichenfilmen für Industrieunternehmen.
In Abendkursen besuchte er die Berliner Kunstakademie für Schriftzeichnen
und Werbegrafik.
Von 1931 bis 1933 war er als Animationszeichner im Trickfilm-Studio Pál in Berlin tätig. Diese Filmproduktion war bestrebt, sich in ihren Arbeiten dem amerikansichen Zeichentrickfilm-Stil anzupassen. Infolge des politischen Machtwechsels in Deutschland wurde die Firma 1933 aufgelöst.
Durch seine erworbenen Fachkenntnisse erhielt er noch im gleichen
Jahr ein Engagement für das Ufa-Zeichentrick-Atelier, das seinerzeit
das bedeutenste Werbefilm-Unternehmen in Deutschland war und seit 1929
Tonfilme und ab 1932 alle Filme in Farbe herstellte. Tischmeyers Aufgabenbereich
umfasste die Gestaltung kompletter Filme in seinem eigenen Zeichenstil
und die Anfertigung von Werbefilmen in Teamarbeit.
1934 unterbrach er sein Arbeitsverhältnis bei der Ufa für
kurze Zeit und emigrierte in die Schweiz, da er nicht in dem nationalsozialistischen
Deutschland bleiben wollte. Er erhoffte sich eine Anstellung bei der Filmproduktion
"Pinschewer" in Bern, doch die Firma selbst war erst kurz vorher aus Berlin
in die Schweiz emigriert und hatte noch wirtschaftliche Schwierigkeiten,
die ein neues Arbeitsverhältnis nicht zustande kommen liessen. Daher
sah sich Heinz Tischmeyer gezwungen, nach Deutschland zurückzukehren
und seine Tätigkeit bei der Ufa wieder aufzunehmen. Er beendete seine
Tätigkeit bei der Ufa 1936.
Nach seinem freiwilligen Ausscheiden aus dem Ufa Trickfilm-Atelier gründete er sein eigenes Zeichenfilm-Atelier, wo er von 1936 bis 1942 selbständig für Auftragsfirmen arbeitete. Seine Kundschaft umfasste die Schongerfilm Berlin für Jugend- und Kindermärchenfilme, die Kinomatfilm Wuppertal für Werbe-Zeichentrickfilme und die Bayer I.G. Farben Leverkusen für medizinisch-technische Zeichenfilme und Zeichentrick-Werbefilme.
Heinz Tischmeyer zeichnete u.a. den Farbfilm “Vom Bäumlein, das andere Blätter hat gewollt” (1940) und den Märchenfilm "Die Bremer Stadtmusikanten" (43). Es erzählt die Geschichte eines Nadelbaums, das sich Blätter wünscht. Schliesslich steht es mit goldenen Blättern stolz im Walde. Doch dann kommt ein Dieb, der die Blätter stiehlt. Das Märchen wurde vom Deutschen Dichter Friedrich Rüchert (1788-1866) geschrieben und wurde mit dessen Originaltext vertont.
1942 wurde in Berlin die Deutsche Zeichenfilm GmbH gegründet. Aufgrund seines bekannten Namens in der Branche wurde Heinz Tischmeyer zur Mitarbeit bei dieser Gesellschaft verpflichtet. Für den ersten Film der Deutschen Zeichenfilm GmbH "Armer Hansi" wurde Heinz Tischmeyer die Leitung einer der fünf Arbeitsteams übertragen.
Im Zuge der totalen Kriegserklärung der NS-Regierung wurde Heinz Tischmeyer 1944 in Berlin für eine staatliche Filmstelle verpflichtet. Es kam jedoch bis zum Kriegsende zu keiner filmischen Betätigung für ihn.
In den Jahren 1945 und 1946, durch den Zusammenbruch des alten Deutschlands und der Neuorientierung für das neue Deutschland, kam zeitbedingt auch eine Pause im Schaffen von Heinz Tischmeyer.
1947 errichtete er für die Schonger-Jugendfilm Produktion in Tutzing ein Trickfilmatelier. In einjähriger Arbeitszeit, unter den schwierigen Nachkriegsverhältnissen, entstand mit zehn Mitarbeitern nach Tischmeyers Idee und Entwürfen der erste Kinderfilm in Deutschland nach dem Krieg. 1950 realisierte er den Trickfilm "Das vergessene Osterei". Zur gleichen Zeit war er auch bei der Bavariafilm GmbH in München Geiselgasteing für Spielfilm-Produktionen tätig. Er zeichnete Schrifttitel und Zeichentrick-Einlagen für einige Spielfilme, u.a "Der Apfel ist ab" (1948) des berühmten Regisseurs Helmut Käutner (1908-1980) und "Der Herr vom andern Stern" (1948) mit dem legendären Heinz Rühmann (1902-1994). Diese zusätzliche Tätigkeit übte er bis 1952 aus.
Anschliessend folgte ein Engagement im Fischerkoesen-Filmstudio
in Bonn-Bad Godesberg. Zu jener Zeit war dieses Filmstudio das bekannteste
und erfolgreichste Werbefilmunternehmen in Deutschland. In der Funktion
eines Haupt- und Chefzeichners leitete Heinz Tischmeyer ein Mitarbeiterteam.
In der Zeit des Wirtschaftsaufschwungs in den fünfziger und sechziger
Jahren hatte der Kinowerbefilm und auch der Fernseh-Werbespot Hochkonjunktur.
Demzufolge war das Schaffen von Heinz Tischmeyer mit interessanten Aufgaben
verbunden. Während seiner Tätigkeit bei Fischer-Koesen konnte
er die Filme in seinem eigenen Zeichenstil gestalten. Zu den Auftraggebern
der Filmproduktion zählten überwiegend namhafte Industrie- und
Wirtschaftsunternehmen wie Coca Cola, Trumpf-Schokolade, Mülhens 4711
und BP.
Einige der gezeichneten Werbefilme von Heinz Tischmeyer wurden
bei Filmfestspielen ausgezeichnet. Da es aber nicht üblich war, die
Macher der Werbefilme zu nennen, gingen die Auszeichnungen jeweils an die
Produktionsfirma Fischerkoesen.
Die Geburtsstunde des Fernsehens brachte eine Vielzahl neuer Herausforderungen. So war es nötig, die Werbespots, die in hoher Anzahl nacheinander ausgestrahlt wurden, ersichtlich voneinander zu trennen. Dies führte zu einer Vielzahl von Werbefernsehfiguren, die zwischen den Spots erschienen. Die erste Werbefernsehfigur wurde von Hans Fischerkoesen und Heinz Tischmeyer 1957 konzipiert und stellte einen Seehund für den Hessischen Rundfunk dar. Schon bald bekam die Figur von den Zuschauern den Übernamen "Onkel Otto". Noch heute werden viele der von Heinz Tischmeyer gezeichneten Onkel-Otto-Einspielungen in den Werbeblöcken eingesetzt, womit der Seehund mit seinen "44 Jahren" zur ältesten noch aktiven Werbefernsehfigur avanciert.
Durch interne wirtschaftliche Differenzen der Inhaber des Fischerkoesen-Filmstudios musste die Produktion von Werbefilmen eingestellt werden, was die Auflösung des Studios zur Folge hatte.
Heinz Tischmeyer erhielt daraufhin ein Engagement als Animator
bei der "Neue-Filmproduktion" in Frankfurt für deren Mainzel-Männchen-Atelier.
Dort war er von 1971 - 1978 in einem festen Arbeitsverhältnis tätig
und von 1979 bis 1990 kontinuierlich freischaffend beschäftigt. Zu
seinen Aufgaben gehörten die Anfertigung von Manuskripten, die Gestaltung
von Mainzel-Männchen-Spots und -Filmen.
Für das Bremer Werbefernsehen entstanden die Bremer Stadtmusikanten,
die das Werbeprogramm auflockerten.
Für die ZDF-Serien "Ein verrücktes Paar" und "Drei Damen vom Grill" entwarf Heinz Tischmeyer die Karikaturzeichnungen im Vorspann, was zu jener Zeit neu war und auf grosse Begeisterung stiess.
1990 beendete er aus privaten Gründen sein Berufsleben, doch sein Interesse am Berufszweig ist nicht erloschen.
Nebst der Animation widmete er sich auch seit anfangs der 30er Jahre dem Pressezeichnen für die Tageszeitungen "BZ am Mittag" und "Berliner Lokalanzeiger", wo er humoristische Illustrationen für Zeitungsartikel, Theater- und Filmpremieren sowie Humorzeichnungen für die lustigen Spalten gestaltete. Dabei befasste er sich grundsätzlich nicht mit politischen Karikaturen, da es sein Prinzip war, mit den Zeichnungen niemanden zu verletzen. Seine Porträtkarikaturen von Schauspielern beispielsweise waren immer freundlich dargestellt (siehe unten).
Heinz Tischmeyer hat mir für meine Sammlung freundlicherweise eine Original-Zeichnung für eine Parfüm-Werbung von 1963 zugesandt. Zudem überliess er mir für eine kleine Galerie einige Kopien seiner Karikaturen aus den 30er und 40er Jahren.
Mit Klick auf die obenstehenden Karikaturen erhalten Sie eine Vergrösserung! Ein Dank geht an Herrn Tischmeyer für die zur Verfügung gestellten Porträts. |
Stellvertretend für die unzähligen, anonym gebliebenen
Zeichnerinnen und Zeichner möchte ich die Animationszeichnerin Anna-Luise
Subatzus vorstellen.
Sie wurde 1913 in Hamburg geboren. Sie arbeitete während des
Krieges für die Deutsche Zeichenfilm GmbH und erlebte nach dem Bombenangriffen
auf Berlin den Umzug nach Dachau, wo sie im Künstlerheim Moosschweige
untergebracht wurde und weiter an den Trickfilmen arbeitete.
Nach Kriegsende kehrte sie in ihre Heimatstadt Detmold zurück, wo sie als Übersetzerin für die englische Militärregierung arbeitete. Dort lernte sie einen englischen Offizier kennen; 1947 brachte sie ihre Tochter Gabriele zur Welt. Der Vater verliess schon bald die junge Familie, da er völlig eheuntauglich war.
1949 kehrte Anna-Luise Subatzus wieder in die Zeichentrickszene zurück
und arbeitete für die EOS-Film-Produktion am Film "Tobias Knopp, Abenteuer
eines Junggesellen" mit. Es war dies ihre einzige Arbeit, wo sie im Vorspann
namentlich erwähnt wurde.
1950 ging sie zum Schonger-Film nach München, zwei Jahre später
arbeitete sie bei Fischerkoesen in Mehlem. In dieser arbeitsintensiven
Zeit , wo sie von früh bis spät für Fischerkoesen arbeitete,
war es für sie nicht möglich, sich angemessen um ihre Tochter
zu kümmern und gab sie in die Obhut von Gabrieles Onkel und Tante.
1960 ging Anna-Luise Subatzus nach Düsseldorf, um bei der Ufa Werbetrickfilme zu zeichnen. Kurze Zeit später wechselte sie zu Gerhard Fiebers EOS-Film nach Göttingen, wo sie einige Jahre wirkte. Ihre letzte Arbeitsstation fand sie beim Geologischen Institut von Göttingen, wo sie bis zum Pensionsalter feinste Zeichnungen von Fossilien für wissenschaftliche Veröffentlichungen anfertigte.
In ihrer langen Karriere brachte sie viele Ideen und Entwürfe
zu Papier, die auch Verwendung fanden; eine namentliche Nennung jedoch
blieb ihr verwehrt - ein Schicksal, das sie mit vielen ihrer Kollegen teilte.
Reich wurde Anna-Luise Subatzus bei ihrer Arbeit nicht. Zu Zeiten
bei Fischerkoesen beispielsweise konnte sie sich zusammen mit ihrer Tochter
gerade mal ein 12 m2 grosses Zimmer leisten. Vom Wirtschaftswunder hatte
sie nicht viel gehabt.
Anna-Luise Subatzus verstarb 1994 in Bremen.
Original-Entwurf von Anna-Luise Subatzus |
Ein besonderer Dank geht an Herrn Heinz Tischmeyer und Frau Gabriele Brejla, die mich bei der Gestaltung dieser Seite tatkräfig unterstützt haben.