Mata Hari - Deckname H21
(1876-1917)


Das Leben der Tänzerin und Spionin Margarethe Geertruida Zelle, die als Mata Hari weltberühmt wurde, ist längst zur Legende geworden und Wahrheit und Fiktion wurden ineinander verwoben und sind teilweise nur noch schwer auseinanderzuhalten.

Die Faszination am abenteuerlichen aber auch tragischen Leben der Mata Hari widerspiegelt sich auch in zahlreichen Filmen und einigen Bühnenstücke über sie. Die meisten Filme jedoch erzählen nicht das reale Leben der Mata Hari, einige Filme verwenden den Namen auch lediglich wegen der Faszination ihrer Person an sich und die Figuren in diesen Produktionen haben nicht mehr das Geringste mit der eigentlichen Mata Hari zu tun. Auch dadurch wurde der Mythos Mata Hari weiter unterstützt.
 
Bereits drei Jahre nach ihrem Tod erschien die erste Verfilmung "Mata Hari" (20) mit der grossen Schauspielerin Asta Nielsen in der Titelrolle.
 
In den kommenden Jahren entstanden weitere Filme mit teilweise hochkarätiger Besetzung. Dazu gehören "Mata Hari, die rote Tänzerin" (27) mit Magda Sonja, "Mata Hari" (31) mit Greta Garbo, "Marthe Richard au service de la France" (37) mit Délia Col, "I Will Not Die" (57) mit Merle Oberon, "Carry On Regardless" (62) mit Betty Marsden, "La reine del Chantecler" (62) mit Greta Chi, "Mata Hari" (64) mit Françoise Fabian, "Mata Hari, agent H21" (64) mit Jeanne Moreau, "Der Fall Mata Hari" (67) mit Louise Martini, "Dossier Mata Hari" (67) mit Cosetta Greco, "Operacion Mata Hari" (68) mit Carmen de Lirio, die Serie "Lancelot Link: Secret Chimp" (70) mit Joan Gerber, "Up the Front" (72) mit Zsa Zsa Gabor, "Shanks" (74) mit Helena Kallianiotes, die Serie "Mata Hari" (81) mit Josine van Dalsum, "L'égitime violence" (82) mit Jean-Marie Lemaire, "Mata Hari" (85) mit Sylvia Kristel, eine Episode der Serie "The Young Indiana Jones Chronicles: Paris, October 1916" (93) mit Domiziana Giordano, die Serie "Blasco Ibanez" (97) mit Mabel Lozano, eine Episode der Serie "Mentors: Secrets and Lies" (02) mit Joanne Kelly, "Mata Hari, la vraie histoire" (03) mit Maruschka Detmers, "The Curse of the King Tut's Tomb" (06) mit Suvarchala Narayanan, die Serie "Red Hot History" (12) mit Sarah Skinner, "The Gift of Fate" mit Debra Leigh Siegel, die Serie "Mata Hari" mit Vahina Giocante und "Mata Hari" (16) mit Calista Carradine.
 
 
Leben und Tod der Mata Hari
 
Mata Hari wurde als Margaretha Geertruida Zelle in Leeuwarden geboren.
Von der Seite der Mutter hatte sie javanisches Blut in sich und in der javanischen Sprache fand sie später auch ihren Künstlernamen Mata Hari, welcher so viel wie "Auge der Morgendämmerung" oder vereinfacht "aufgehende Sonne" bedeutet.
 
Aufgrund geschickter Börsengeschäfte konnte ihr Vater Adam Zelle ein beachtliches Vermögen zusammentragen und Margaretha Zelle wuchs zunächst in behüteten Verhältnissen auf. Adam Zelle lebte eine Art Traumwelt, erfand eine aristokratische Herkunft seiner Familie und nannte sich Graf.  Er behandelte seine Tochter wie eine Prinzessin, u.a. existiert ein Foto, wo Margaretha zu ihrem sechsten Geburtstag eine kleine Kutsche gezogen von einer Ziege erhält. Doch das Glück des Vaters blieb ihm in späteren Jahren verwehrt und das Familienvermögen ging durch die Spekulationen des Vaters wieder verloren.
Wenige Jahre später trennten sich ihre Eltern 1890 und Adam Zelle zog nach Amsterdam, während die Kinder bei der Mutter blieben.
Doch der Tod von Margarethas Mutter sechs Monate nach der Trennung würfelte die Familienverhältnisse ein weiteres Mal durcheinander. Margarethas beiden Zwillingsbrüder kamen zum Vater zurück, während sie und ihr anderer Bruder bei Familienangehörigen aufwuchsen.
 
Ihre schulische Ausbildung musste Margaretha abbrechen und hier beginnen bereits die ersten Mutmassungen über die Gründe. Wahrscheinlich ist, dass es eine Beziehung zwischen ihr und dem Schulleiter gab und sie daher die Ausbildung beenden musste.
 
Sie kam zu einem Onkel in Den Haag, wo sie 1895 auf eine Heiratsannonce von Campbell Rudolph John MacLeod antwortete, um aus ihrer trostlos erscheinenden Situation entfliehen zu können. Die beiden heirateten noch im gleichen Jahr und Margaretha war nun tatsächlich ein Mitglied einer Familie, in der es sowohl eine echte Baronin (John MacLeods Mutter) aber auch Generäle gab. Sechs Monate später kam ihr Sohn Norman zur Welt.
 
Das Ehepaar ging 1897 nach Batavia (Jakarta), wo Margarethas Mann stationiert wurde. Im darauffolgenden Jahr gebar sie zum zweiten Mal ein Kind - dieses Mal eine Tochter namens Non.
 
In Malang konnte Margaretha Zelle ihren ersten Bühnenauftritt im Stück "Die Kreuzfahrer von August von Kotzebue" feiern und sie spielte die Rolle der Königin.
 
Die Ehe litt aber schon früh unter dem grossen Altersunterschied - MacLeod war 20 Jahre älter als Margaretha - zudem waren ihre charakterlichen Eigenschaften sehr unterschiedlich.
Als MacLeod auf Sumatra eingesetzt wurde und so sieben Monate von seiner Frau getrennt war, verschärfte sich die Krise weiter.
 
Ein Drama schuf noch grössere Spannungen, als ihr gemeinsamer Sohn Norman an einer Vergiftung starb.  Nach dem Todesfall soll eine Angestellte gestanden haben, dass sie das Essen vergiftet habe, um sich an MacLeod zu rächen, der ihren Geliebten bestraft haben soll. Ein Brief von Margaretha weisst aber auch daraufhin, dass eine Behandlung mit Quecksilber die Todesursache sein könnte.
 
Als MacLeod 1900 vom aktiven Dienst zurücktrat und eine Pension bezog, wünschte sich Margaretha, nach Europa zurückzukehren, doch ihr Mann zögerte vorerst. Erst 1902 kehrten sie in ihr Heimatland zurück und im gleichen Jahr trennte sich das Ehepaar, wenn sie sich auch noch nicht haben scheiden lassen.
 
Damit Margaretha ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte, ging sie 1903 nach Paris, um als Modell eine Arbeit zu bekommen, doch es blieb bei wenigen Aufträgen für französische Maler.
 
Da hatte sie die zündende Idee, ihr exotisches Aussehen zu vermarkten und sie erfand sich als indische Tempeltänzerin.
Schnell begeisterte sie mit ihren Schleiertänzen und aufwendigen Kostümen das Publikum und fesselte dieses mit erotischen Auftritten, an deren Enden sie oftmals nackt auf der Bühne stand.
Vom Erfolg beflügelt spann sie ihre Fantasiefigur weiter aus und verwendete dabei auch wahre Details aus ihrem Leben. Aus Mata Hari entstand eine indische Tempeltänzerin, die für die Götter getanzt hatte. Ein britischer Offizier verliebte sich in sie und entführte sie schliesslich. Ihr gemeinsames Kind fiel einer fanatischen Dienerin durch Gift zum Opfer, worauf sie die Dienerin eigenhändig erwürgte.
 
Mit einer solch schauerlichen Geschichte war sie schon bald in aller Munde bei der französischen Gesellschaft. Ihre Geschichten waren derart überzeugend erzählt, dass man noch einige Jahre nach ihrem Tod daran glaubte, dass sie tatsächlich von exotischer Herkunft gewesen sei.
 
1905 gilt als jenes Jahr, in welchem sich die bis dahin als Lady MacLeod auftretende Margaretha sich den Künstlernamen Mata Hari zulegte.
Sie tanzte nicht nur für ein grosses Publikum sondern auch für Anlässe grosser französischer Persönlichkeiten, deren Höhepunkt sie an deren Abendveranstaltungen war.
 
Aufgrund ihres grossen Erfolges kamen schon bald andere Tänzerinnen auf, die die Tänze von Mata Hari imitierten und zu einer Konkurrenz erwuchsen.
Doch noch konnte sie auf ein grosses Publikum zählen und sie hatte schon bald auch Auftritte in anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien, Deutschland und Österreich. Ihr Konterfeit wurde auf zahlreichen Produktionen abgebildet und Postkarten zirkulierten durch meist männliche Hände.

1906 wurde unbemerkt von der Öffentlichkeit ihre Ehe offiziell geschieden.
 
Als sie auf eine ausgedehnte Reise nach Ägypten ging und später nach Paris zurückkehrte, war ihre Abwesenheit nicht gross zur Kenntnis genommen worden. Mittlerweile traten viele andere Tänzerinnen im Stil von Mata Hari auf und agierten teilweise auch ganz ohne Kleidung vor den Zuschauern.
 
Mata Hari zog sich von der grossen Bühne zurück, blieb aber weiterhin bei der gehobenen Gesellschaft ein gern gesehener Gast mit Auftritten auf Wohltätigkeitsveranstaltungen.
 
1910 trat sie als Kleopatra im Stück "Antar" auf. Doch als sie sich mit dem Regisseur Antoine zerstritt, folgte eine gerichtliche Auseinandersetzung, die zugunsten von Mata Hari ausfiel.
 
Im darauffolgenden Jahr bekam sie die Gelegenheit, an der Mailänder Scala im Stück "Die Prinzessin und die Zauberblume" zu tanzen und überzeugte auch an seriöser Spielstätte. Danach verkörperte sie die Venus im Ballett "Bacchus und Gambrinus".


Vierseitiger handgeschriebener und signierter Brief von Mata Hari an ihren Künstleragenten Gabriel Astruc aus dem Jahre 1906 mit Wohnsitz Nachodstrasse 39, Berlin. Der Inhalt des Briefes wurde teilweise auch im Buch " Mata Hari - Songes et Mesongnes" von Fred Kupferman verwendet.

Doch schliesslich sank ihr Stern zusehends. Die Anzahl Engagements nahm ab und sie suchte nach weiteren Auftrittsmöglichkeiten.
Licht am Horizont bot die Zusage, im Herbst 1914 in Berlin in der Oper "Der Millionendieb" mitzuwirken, doch die Pläne fielen mit dem Ausbruch des 1. Weltkriegs ins Wasser.
 
Sie steckte ohne Papiere in Deutschland fest und versuchte, nach Frankreich zurückzukehren, jedoch erfolglos. Schliesslich gelang ihr die Ausreise in die Niederlande. Dort konnte sie künstlerisch nicht mehr Fuss fassen und geriet zusehends in finanzielle Nöte.


Ein weiterer vierseitiger handgeschriebener und signierter Brief von Mata Hari an ihren Künstleragenten Gabriel Astruc. Darin erwähnt sie ebenfalls ihre Anschrift an der Nachodstrasse 39, Berlin. 

 
1915 wurde sie von Walter Nicolai für Spionagetätigkeit für Deutschland engagiert. Nach ihrer Ausbildung erhielt sie den Auftrag, Informationen über die Offensivpläne der Gegner herauszufinden und man zählte auf ihre Kontakte zu den gehobenen Kreisen. Sie erhielt den Decknamen H21.
In Den Haag erhielt sie von Generalkonsul Cremer eine finanzielle Unterstützung und unternahm danach eine Reise nach Frankreich, wo sie den Haushalt ihrer Villa auflöste und nach Den Haag brachte. Bei dieser Gelegenheit soll sie hochrangige französische Offiziere kontaktiert haben, konnte aber nichts Entscheidendes herausfinden, ausser, dass nicht mit einer baldigen Offensive der Franzosen zu rechnen sei.

In Paris traf sie sich mit vielen einflussreichen Männern, darunter einen Oberst aus Madrid, dem Marquis de Beaufort und dem französischen Kriegsminister Adolphe Pierre Messimy. Aber sie traf sich auch mit einem jungen Mann ohne bedeutende Position, doch dafür war sie in ihn verliebt - den jungen russischen Offizier Vadime de Masaloff, Capitaine de Régiment Spéciale Impérial Russe.
 
Doch ihre Aktivitäten blieben nicht unbemerkt und der französische Nachrichtendienst warf ein Auge auf sie. Schliesslich wurde sie von Major George Ladoux zu einem Gespräch vorgeladen und dort bot Mata Hari an, für Frankreich zu arbeiten. Sie plante, nach Belgien zu reisen, wurde aber in England festgenommen, weil man sie mit der Spionin Clara Benedix verwechselt hatte. Beim Verhör erklärt sie, dass sie nicht für Deutschland sondern für Frankreich arbeitete. Die Briten kontaktierten Ladoux, doch dieser schrieb zurück, dass er Mata Hari schon länger im Verdacht habe und er ihre Anstellung nur vorgetäuscht habe. Die Briten schickten sie daraufhin wieder nach Frankreich zurück. 

Als sie im Januar 1916 eine Nachricht an Arnold Kalle übergab, leitete dieser die Information per Telegramm an den Generalkonsul Cremer weiter. Das Telegramm wurde abgefangen und Mata Hari als Ursprung der Nachricht identifiziert werden. Daraufhin wurde die französische Spionageabwehr von den Briten vorgewarnt.

Ihre nächsten Schritte wurden genau beobachtet, u.a. ihre Reise nach Vittel vor der deutschen Westfront und ihr Austausch von chiffrierten Briefen mit deutschen Angehörigen. Doch die Beweise reichten nicht aus für eine Überführung.
 
Major George Ladoux vom französische Kriegsministerium stellte ihr daraufhin eine Falle und gab Mata Hari sechs Namen belgischer Agenten an, die sie aufsuchen sollte, wobei einer als Agent für Frankreich und Deutschland tätig war, während die anderen lediglich für Falschmeldungen sorgten. Als genau dieser Doppelagent später von den Deutschen getötet wurde, stand für ihn fest, dass die Informationen von Mata Hari stammen mussten. Im späteren Gerichtsverfahren gab sie dies zu mit der Begründung, dass sie dies für veraltete Informationen hielt.
 
Als Mata Hari wieder in Frankreich eintraf, wurde sie dennoch nicht sofort verhaftet.
Erst am 13. Februar 1917 wurde Mata Hari verhaftet. Sie wurde bis zum Prozess im Frauengefängnis Saint-Lazare eingesperrt. Dort wurde sie zahlreichen Verhören unterzogen und schliesslich gestand sie, 1915 den Auftrag des deutschen Konsuls Karl Cramer in den Niederlanden erhalten zu haben, für Deutschland zu spionieren. 

Der Prozess begann am 24. Juli 1917 und war bereits am 25. Juli 1917 abgeschlossen. Ihr Verteidiger war der bekannte Jurist Eduart Clunet, die sechs Richter gehörten allesamt dem Berufsmilitär an.
Man hat entlastende Zeugen wie die Spionin Martha Richard - sie wohnte damals im gleichen Madrider Hotel wie Mata Hari und hatte keine Kenntnisse über Spionagetätigkeiten von ihr. Sie hätte davon wissen müssen, wen dem so gewesen wäre - nicht vorgeladen, trotzdem konnte man keine konkreten Beweise für ihre Spionagetätigkeit hervorbringen.
Das Urteil lautete dennoch schuldig des Hochverrats und Mata Hari wurde zum Tode verurteilt.
 
Das Urteil wurde am 15. Oktober 1917 vollzogen. In den Befestigungsanlagen des Schlosses Vincennes bei Paris wurde sie durch ein aus 12 Mann bestehendes Exekutionskommando erschossen.
Durch die Hinrichtung machten die Franzosen Mata Hari zu einem unsterblichen Mythos.

 

Dieser Mythos lebt bis heute fort. Zahlreiche Fantasiegeschichten wurden ihrem Leben und gar ihrem Tod hinzugefügt.
 
1999 wurden die Unterlagen des britischen Geheimdienstes MI5 zu Mata Hari der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Darin geht hervor, dass Mata Hari keine wesentlichen Informationen an die Deutschen verraten habe. Weitere Erkenntnisse erhofft man sich 2017, wenn die Akten der Gerichtsverhandlungen, die zu ihrem Todesurteil führten, freigegeben werden sollen.
 
Das Kapitel Mata Hari ist somit noch lange nicht abgeschlossen und der Mythos wird bestehen bleiben.


Fotos:
1 von Fotograf Paul Boyer (1861-1908)
2 von Fotograf Lucien Walery (1863-1935)
3 von Fotograf Leopold Emile Reutlinger (1863-1937)
von Fotograf Leopold Emile Reutlinger (1863-1937), Kolorierung von Klimbim
5 Fotograf unbekannt - Gemeinfrei, Kolorierung von Klimbim
6 Fotograf unbekannt - Gemeinfrei