Lazar
Wechsler
1896
- 1981 |
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Der in Petrokow geborene Filmproduzent Lazar Wechsler war eine zentrale
Figur des Schweizer Vor- und Nachkriegsfilmes, dessen Produktionen den
Schweizer Film zu internationaler Anerkennung verhalf. Das fünfblättrige
Kleeblatt Lazar Wechsler, der Kameramann Emil Berna, der Drehbuchautor
Richard Schweizer, der Cutter Hermann Haller und der Regisseur Leopold
Lindtberg wurden zum erfolgreichsten Team der Schweizer Filmgeschichte.
Als er vier Jahre alt war, verstarb sein Vater Josef Wechsler. 1914
zog seine Mutter mit ihren zwei jüngeren Söhnen in die Schweiz
um von dort weiterzureisen. Doch der Ausbruch des 1. Weltkriegs zwang die
Familie, in der Schweiz zu bleiben und schliesslich liessen sie sich ganz
in diesem Land nieder. Lazar Wechsler begann an der ETH Zürich ein
Studium als Ingenieur mit Schwerpunkt Brückenbau. Da nach seiner Ausbildung
das Geld in der Schweiz nach wie vor knapp war, konnte er die Ausbildung
nicht in einen Beruf ummünzen und suchte sich andere Tätigkeiten.
1923 wurde er Schweizer Staatsbürger. Durch einen Freund wurde er
auf die Idee gebracht, Werbefilme herzustellen und er ging aktiv auf Firmen
und Kinobetreiber zu, bis er seinen ersten Auftrag für einen Werbefilm
bekam. 1924 gründete er zusammen mit dem Schweizer Flugpionier Walter
Mittelholzer die Praesens-Film AG, um die Herstellung von Werbefilmen als
Firma umsetzen zu können.
Obwohl Lazar Wechsler bald Angebote aus dem Ausland bekam, blieb
er der Schweiz treu, der er in Dankbarkeit verbunden blieb, da sie ihm
und seiner Familie ein Heim und Geborgenheit gaben.
Nachdem sich die Firma im Bereich Werbung und später auch mit
Dokumentarfilmen etabliert hatte, suchte Lazar Wechsler eine neue Herausforderung
und fand diese in der Herstellung von Spielfilmen, oftmals im Dialekt.
Ab den 30er Jahren folgte eine Fülle an Filmen, die zu den wichtigsten
und erfolgreichsten Produktionen gehören.
Dazu zählen Filme wie "Füsilier Wipf" (38), "Wachtmeister
Studer" (39), "Gilberte de Courgenay" (41), "Landammann Stauffacher" (41),
"Das Gespensterhaus (42), "Marie-Louise" (44) und "Die letzte Chance" (45).
Nach dem Krieg hielt Lazar Wechslers Engagement für den Film
unvermindert an und er produzierte u.a. "The Search - Die Gezeichneten"
(48) - in der Hauptrolle Montgomery Clift, der damit sein Filmdebüt
feierte, "Swiss Tour" (49), "Die Vier im Jeep" (51), "Heidi" (52), "Palace
Hotel" (52), "Uli der Knecht" (54), "Uli der Pächter" (55), "Heidi
und Peter" (55), "Zwischen uns die Berge" (56), "Taxichauffeur Bänz"
(57), "Es geschah am hellichten Tag" (58), "Zum goldenen Ochsen" (58),
"SOS Gletscherpilot" (58) und "Hinter den sieben Gleisen" (59).
In den 60er Jahren enstanden die letzten grossen Filmproduktionen
wie "Drei schräge Vögel/Der Teufel hat gut lachen" (60), "Anne
Bäbi Jowäger: Wie Jakobli zu einer Frau kommt" (60), "Anne Bäbi
Jowäger: Jakobli und Meyeli" (61), "Die Schatten werden länger"
(61), "Die Ehe des Herrn Mississippi" (61) und "Im Parterre links" (63). Der Privatmensch Lazar Wechsler galt als schwierig und die Meinungen gingen auseinander. So
hielt ihm Walter Boveri zugute, dass nur mit ihm ein Film zustande kam,
da er es wusste, wie man eine Gruppe von Mitarbeitern einverschwört,
obwohl er nicht unbedingt das grosse Organisationstalent war und auch
sein finanzielles Gebahren nicht als die grösste Stärke ausgelegt
werden konnte. Die Equipe sei nach den Dreharbeiten für das
Nervensanatorium reif gewesen. Doch es lag immer ein Resultat in Form eines
Filmes vor. Walter Diggelmann fand kritischere Worte zu Lazar
Wechsler und beschrieb seine unterschiedlichen Charakterzüge als
unberechenbar, sarkastisch, geizig, unerbittlich aber auch hilfsbereit.
Listig und schlau bereichern die Beschreibung und er sah Lazar Wechsler
als Patriarch, der Widerrede und Kritik nicht duldete. Auch
Regisseure wie Luigi Comencini und Fred Zinnemann ärgerten sich über
ihn und an die gemeinsamen Dreharbeiten blieben gemischte Erinnerungen.
Tatsache
bleibt aber, dass es Lazar Wechsler zu verdanken war, dass ab den 30er
Jahren eine blühende Schweizer Filmindustrie entstand, die er mit einem
zuverlässigen und talentierten Team über Jahrzehnte aufrecht erhielt.
Zudem musste er sich immer wieder gegen Bürokratie und Bevormundung
durch Amtsstellen wehren - und dies mit Erfolg.
Weitere Filme von Lazar Wechsler (Produzent):
Frauennot - Frauenglück (30) Feind im Blut (31)
Fräulein Huser (40) Sie fanden eine Heimat (53) Schneewittchen und
die sieben Gaukler (62)
Drehbuch:
Feind im Blut (31)
Editor:
Frauennot - Frauenglück (30)
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Praesens-Film-AG Zürich
Lazar Wechsler gehörte zu den Mitbegründern und zur treibenden
Kraft der Praesens Film AG, welche zur wichtigsten Produktionsstätte
des Schweizer Films avancierte und die goldene Ära des Schweizer Film
einläutete.
Gegründet wurde die Gesellschaft 1924 und Lazar Wechsler konnte
den Flugpionier Walter Mittelholzer mit an Bord holen, der über
Kameraerfahrungen verfügte. Später folgte der eigentliche Zuckerbäcker
Egli hinzu, weil er über eine Kamera verfügte. Schliesslich kam
der junge Emil Berna, der als Zeichner bei der Orell-Füssli AG erste
Vorskizzen für die Herstellung der Filme anfertigte, zur Praesens-Film-AG,
wo er später zum wichtigsten Kameramann avancierte. Zunächst
entstanden erste Werbefilme, die grosse Erfolge waren. Weitere Mitarbeiter
stiessen bei der Firma hinzu wie der Jurist Dr. Meyer und der Werbefachmann
Charles Rüedi.
Spielfilme waren bis zu diesem Zeitpunkt noch kein Thema, da es
in der Schweiz keine ausgebildeten Filmschaffende gab, sei es Kameraleute,
Drehbuchautoren, Cutter und sogar Filmschauspieler.
Nachdem sich die Firma mit Werbefilmen etablierte, wollte Lazar Wechsler
Neuland betreten und er forcierte die Umsetzung des Dokumentarfilms "Frauennot
– Frauenglück" (29), realisiert durch den berühmten russischen
Regisseur Sergej M. Eisenstein zusammen mit seinen Landsleuten, dem Kameramann
Tissé und dem Drehbuchautor Alexandrow. Die Dokumentation kam 1930
in die Kinos und war ein grosser Erfolg. 1931 folgte mit "Feind im Blut"
(31) der zweite Dokumentarfilm, neu an Bord war nun auch der Autor Walter
Lesch.
Da nun auch der Trickfilm grosses Potential hatte, begann Lazar Wechsler
auch in diesem Bereich aktiv zu werden. Er suchte und fand den Autoren
1930 Richard Schweizer und von Deutschland engagierte er den Trickfilmzeichner
Werner Dressler.
Mit dem Tonfilm der 30er Jahre eröffnete sich ein zusätzliches
Problem für den Schweizer Film. Durch den Dialekt waren die Filme
auf den einheimischen Markt eingeschränkt und dort auf den deutschsprachigen
Teil. Dadurch war es schwer, die Produktionskosten durch die Kinoeintritte
wieder zu amortisieren.
Doch die Praesens-Film-AG schaffte das schier unmögliche und
etablierte sich ab Ende der 30er Jahre als Produktionsstätte mit einem
fixen Mitarbeiterstab, die nun auch Spielfilme umsetzte. Und es ist Lazar
Wechsler zu verdanken, dass er dieses Meisterstück schaffte und eine
hochqualifizierte Truppe über Jahre hinweg zusammenhalten konnte.
Der erste gedrehte Spielfilm entstand 1934 mit "Wie d'Warret würkt"
(34) mit Felix Bressart, Traute Carlsen, Heinrich Gretler und Emil Hegetschweiler.
Die grosse Zeit begann dann ab 1938 mit "Füsilier Wipf" (38)
mit dem jungen Paul Hubschmid in der Titelrolle. Weitere Darsteller waren
Heinrich Gretler, Zarli Carigiet, Max Werner Lenz, Sigfrit Steiner, Emil
Hegetschweiler und Elsie Attenhofer. Bei diesem Film arbeitete erstmals
der aus Deutschland kommende Cutter Hermann Haller mit, der zu den bedeutendsten
seiner Zunft gehörte und den Schweizer Spielfilm entscheidend mitprägte.
Ebenfalls erstmals für die Praesens Film AG waren der Theaterregisseur
Leopold Lindtberg und der Komponist Robert Blum tätig.
In diesem Film vereinten sich somit bereits die wichtigsten Säulen
der Praesens-Film-AG.
Nach dem grossen Erfolg von Füsilier Wipf erschienen von nun
an regelmässig hochstehende Schweizer Filme, die sich grosser Beliebtheit
erfreuten und einige Schweizer Filmstars für die kommenden Jahrzehnte
hervorbrachte.
Bis Kriegsende 1945 entstanden die Produktionen "Wachtmeister Studer"
(39), "Die missbrauchten Liebesbriefe" (40), "Gilberte de Courgenay" (41),
"Landammann Stauffacher" (41), "Das Gespensterhaus" (42), "Der Schuss von
der Kanzel" (42), "Wilder Urlaub" (43), "Marie Louise" (45) – Oscar für
das beste Drehbuch, "Die letzte Chance" (45) – Golden Globe für
den besten ausländischen Film und "Matto regiert" (45).
Nach dem Krieg konnte die Praesens-Film-AG mit einigen auch international
erfolgreichen Filmen reüssieren, daneben entstanden aber auch weiterhin
sehr erfolgreiche Schweizer Filme. Zu den Filmen der Nachkriegszeit gehören
"Die Gezeichneten" – zwei Oscars für Drehbuch und Kinderdarsteller
sowie drei weitere Oscar-Nominationen sowie den Golden Globe für das
beste Drehbuch, "Swiss Tour" (49), "Die Vier im Jeep – Goldener Bär
in Berlin, "Heidi" (52), "Unser Dorf" (53) "Heidi und Peter" (54), "Uli
der Pächter" (55), "Zwischen uns die Berge" (56), "Es geschah am helllichten
Tag" (58), "Hinter den sieben Gleisen" (59), "Der Teufel hat gut lachen"
(60), "Anne Bäbi Jowäger I" (60), "Anne Bäbi Jowäger
II" (61), "Die Ehe des Herrn Mississippi" (61), "Die Schatten werden länger"
(61), "Es Dach überem Chopf" (62), "Der 42. Himmel" (62), "Anita und
die sieben Gaukler" (62), "Der Sittlichkeitsverbrecher" (62), "Polizischt
Wäckerli in Gefahr" (66), "Der Arzt stellt fest" (66) und "2000 Jahre"
(69).
Nach 1962 kam die Spielfilmproduktion mehr oder weniger zum Erliegen
und die Praesens-Film-AG konzentrierte sich vermehrt auf den Filmverleih.
Die Finanzierung eigener Filme wurde immer schwieriger da kostenintensiver
und staatliche Unterstützung gab es nur sehr beschränkt und war
(und ist) in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern sehr rückständig. |