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Lasset die Kleinen zu mir kommen (1919/1920)

Produktionsfirma: Wiener Kunstfilm-Industrie (Wien),Wien
Produzent: Anton Kolm, Luise Fleck Kolm, Jakob Fleck
Kinostart: 13. Februar 1920
Länge: 1720 m; 4 Akte
Drehort: Salzburg (Großglockner, Kaprunertal, Zell am See)

Regie: Max Neufeld
Drehbuch: Fritz Löhner-Beda
Roman: Leopold Florian Meissner
Musik: Wilhelm Kienzl

Schauspieler: Max Neufeld (Johann Schindler, Pfarrer)
Josephine Josephi (Mutter Schindler)
Liane Haid (Marei)
Lisl Günther (Toni Hellmer)
Karl Ehmann (Veit)
Max Brebeck
Polly Einhart
Thea Goll
Josef Recht
Marietta Feldmann
Josef Bergauer


 
 

Wunderschönes Unterschriftenblatt der Filmcrew zu "Lasset die Kleinen zu mir kommen" vom August 1919, anlässlich der Dreharbeiten in Zell am See.
Unterschrieben haben Anton Kolm, Jakob Fleck, Luise Kolm, Max Neufeld, Liane Haid, Karl Ehmann, Lisl Günther, Max Brebeck, Polly Einhart, Thea Goll, Josefine Joseffy (Josephine Josephi), Josef Recht, Marietta Feldmann, Josef Bergauer und Fritz Löhner-Beda - eine Unterschrift ist noch nicht identifiziert.

Die Widmung aus der Hand des Drehbuchautors Fritz Löhner-Beda lautet:
Zur Erinnerung an die wunder-wunderschöne Filmreise, mit der "Lasset die Kleinen zu mir kommen" und "..........." unter gütiger Mitwirkung aller guten Geister, der lieben Sonne und der sonnigen Heiterkeit das Licht der Filmwelt erblickten!

Auf der 2. Seite befindet sich eine handschriftliche Notenzeile mit dem Text (evtl. aus der Hand von Wilhelm Kienzl):
Das Mass meiner Leiden ist voll voll voll
Drum kauf ich mir eine Pistol tol tol
Die lad ich mit Pulver und Blei
Und schiess mir den Schädel entzwei
3 4 5 6 7 8 9 10 und der Oberkönig Ass
Das Mass meiner Leiden ist voll u.s.w.


 
 
 
 

Inhalt:

Der junge Rechtsschüler Hans Schindler vernarrt sich in den Ferien in ein armes Bauernmädchen, die Marei. Dieselbe ist ebenfalls vernarrt,  nur nicht in ihn, sondern in den Veit, dem alle Mädchen nachlaufen. 
Nach dieser ersten Niederlage auf der Walstatt der Liebe zieht sich Hans zurück und wird Priester, zugleich damit den Lieblingswunsch seiner greisen Mutter erfüllend. 

Nach drei Jahren kehrt Hans mit einer Tonsur nach dem Heimatsdörfchen zurück, um von nun an dort als Seelsorger zu wirken. Mit der Hoffnung, Marei je sein eigen nennen zu können, ist ja jeder andere Ehrgeiz aus seinem Herzen geschwunden; er will nur ein guter Mensch sein und gute Menschen heranbilden. Aus diesem Grunde schart er auch hauptsächlich die Kinder um sich. Freilich, alles ist nicht imstande, in ihm die Erinnerung an Marei auszulöschen. 

Er hat sie seit seiner Rückkehr ein einziges Mal gesehen und zwar just bei seiner Ankunft, und dann wieder an einem Sonntag, wo ihr Blick ihm scheu auswich und ihr Aussehen namenloses Weh kündete. 
Seit diesem Augenblick läßt es ihm keine Ruhe mehr, bis er hinter das Schicksal Mareis gekommen ist. Der See enthüllt es ihm. 

Einige Stunden, nachdem er Hans Veits Trauung mit einer reichen Wirtstochter vollzogen hat und das ganze Dorf in einem wilden Weinrausch schwelgt, bringt der Kurat die Leiche Mareis in einem Kahn ans Land, von wo sie unter Fackelbeleuchtung ins Dorf getragen wird. 
Der Mann, der heute die Hochzeit hält, hatte das Mädchen drei Jahre zum Besten gehalten und dann, als es eine reiche Partie zu ergattern gab, mit einer Entschädigungssumme in die weite fremde Welt hinausgestoßen. Dort hatte Marei ein Kind geboren, an dessen Wiege Schande und Armut saßen. In ihrer höchsten Not wandte sie sich dem Heimatsorte zu, wo sie aber vom Vater des armen Wurmes so schnöde zurückgewiesen wurde, daß sie den Entschluß faßte, dem Kind durch dessen Tötung jede weitere Harm zu ersparen. Sie schleudert das Kind in den See und will ihm folgen; da rufen die ihr wohlbekannten Glocken zur Predigt in das Dorfkirchlein; sie wankt demselben zu und sieht Hans auf der Kanzel und hört ihn sagen, daß den Kindern der Himmel gehöre. 
Und es ist ihr, als ob sie ferne Glocken aus dem Himmel höre, die sie zu ihrem Kinde riefen. Sie eilt an den See und macht den Todessprung.
 

Bibliografische Angaben: Paimann’s Filmlisten, 26. September - 2. Oktober 1919, Nr. 184
 

Die Wiener Kunstfilm Industrie

Am 1. November nahm Anton Kolm gemeinsam mit den Gründungsmitgliedern Jakob Fleck und Luise Kolm, sowie deren Bruder Claudius Veltée, in der Neustiftgasse 1-3 in Wien-Neubau den Betrieb der Wiener Kunstfilm auf. Zwar betrug das Gründungskapital nur bescheidene 30.000 Kronen, doch errichtete man auch Aufnahmehallen mit den neuesten Errungenschaften der Filmtechnik. Einer der Investoren in die Wiener Kunstfilm war Elias Tropp, dessen Frau Eugénie Bernay später zum Stummfilmstar wurde.

Die Filmproduktion wandte sich schon früh vom Dokumentar- zum Spielfilm. Da die Wiener Kunstfilm finanziell auf schwachen Beinen stand, musste bereits die erste Produktion ein Erfolg werden. 

Dieses erste Filmprojekt, das den sofortigen Erfolg bringen sollte, lautete „Der Unbekannte“ – nach dem gleichnamigen Theaterstück von Franz Grillparzer. Man schaltete Werbeinserate in Größen, wie dies bisher nur die finanzstarken französische Gesellschaften taten, und man engagierte für die Wiener Bevölkerung namhafte Wiener Schauspieler wie Eugénie Bernay, Claire Wallentin, Karl Blasel und Viktor Kutschera. Regie führte Luise Kolm. Das Rezept ging zumindest bedingt auf: Der Film, der am 15. März 1912 uraufgeführt wurde, war ein großer Erfolg und konnte auch international erfolgreich vertrieben werden. Den erhofften Durchbruch, um mit den französischen Mitbewerbern zumindest in Österreich auf einer Stufe zu stehen, brachte dies jedoch noch nicht. Nachdem die Vorgängergesellschaften der Wiener Kunstfilm bereits für den ersten Dokumentarfilm und erste Spiel- und Komikerfilme verantwortlich zeichnete, setzte die Wiener Kunstfilm die Pioniertätigkeit in der österreichischen Filmgeschichte unentwegt fort. Im November 1912, als bereits weitere österreichische Filmproduktionsgesellschaften mit der ausländischen Konkurrenz um Marktanteile in den Kinos rangen, erschien mit "Das Gänsehäufel" die erste richtige Dokumentation der Wiener Kunstfilm-Industrie.
 

Gruppenbild der Mitarbeiter der Wiener Kunstfilm Industrie um Jakob Fleck und Luise Kolm (Mitte sitzend).


 

Nach der Premiere der 10.000 Kronen teuren Großproduktion "Der Unbekannte" geriet die ohnehin tendenziell finanziell schwach ausgestattete Wiener Kunstfilm in noch größere finanzielle Schwierigkeiten, als Elias Tropp aus der Gesellschaft ausstieg, und wenig später die Vindobona-Film Felix Dörmanns mitbegründete. Dennoch setzte die Wiener Kunstfilm ihren stetigen Aufstieg unentwegt fort. 1913 erschien die umstrittene Verfilmung des „Walzerkönigs“ Johann Strauß: Johann Strauß an der schönen blauen Donau. Umstritten deshalb, da Johann Strauß noch nicht lange tot war und ihn viele noch von Konzerten kannten und so eine frühe Verfilmung unwürdig fanden. Nach intensiver Recherche ist es dem Filmarchiv Austria im Frühjahr 2007 gelungen, diesen Film ausfindig zu machen. Nach umfassender Analyse und Restaurierung soll der Film auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Der Film war nicht zuletzt auch einer jener Versuche, den Film in Österreich gesellschaftsfähig zu machen. Unter der Regie von Karl Zeska spielten Hansi Niese – das weibliche Pendant zu Alexander Girardi und somit auch eine Antwort auf die große Sascha-Film-Produktion "Der Millionenonkel" über und mit Alexander Girardi – sowie Selma Kurz, Luise Kartousch, Richard Waldemar und Alfred Grünfeld – allesamt bekannte Wiener Bühnenschauspieler dieser Zeit. Die Uraufführung der von Alfred Deutsch-German und Siegfried Löwy für den Film adaptierten Strauß-Biografie fand am 20. November 1913 im Opernkino statt. Die Musik wurde von Alfred Grünwald komponiert, der bei der Uraufführung live konzertierte. Die Produktion fiel in eine Zeit, als die Sascha-Film bereits ein ernst zu nehmender Konkurrent geworden ist, und die Filmproduktion in Österreich am Umbruch von Kurz- zu Langfilm stand.

Neben der finanzstarken Sascha-Film entstanden zu jener Zeit auch weitere österreichische Filmproduktionsgesellschaften. Der Anteil französischer und anderer ausländischer Filme in österreichischen Kinos wurde immer mehr zurück gedrängt - zeitgleich drangen österreichische Produktionen immer weiter ins Ausland vor. Die Wiener Kunstfilm konnte sich dennoch als vorerst stärkster österreichischer Filmproduzent behaupten. Ab der "Hochzeit von Valeni", die am 10. Oktober im Opernkino Premiere hatte, folgte zudem ein Erfolg auf den anderen. Mit "Der Pfarrer von Kirchfeld", mit Max Neufeld in einer Hauptrolle, konnten ebenfalls fantastische Besucherzahlen erreicht werden. Mit österreichischer Volks- und Heimatliteratur, die nicht nur den französischen Film d'Art als Vorbild hatte, sondern mit zunehmender Erfahrung auch qualitativ immer mehr diesem Genre entsprach, behauptete sich die Wiener Kunstfilm als führender Filmproduzent in Österreich.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatten die meisten aus nunmehr verfeindeten Ländern stammenden Unternehmen das Land zu verlassen. Der bis zuletzt starkt von französischen Produktions- und Verleihgesellschaften geprägte österreichische Markt stand den österreichischen Produzenten nun offen. Vorerst wurde jedoch nur spärlich investiert und ausländische Filme, etwa aus Deutschland, machten weiterhin die Mehrheit der in Österreich gezeigten Filme aus. Erst ab 1915 begann der österreichische Filmmarkt sich zu entfalten – zahlreiche Konkurrenten entstanden. Der einzige Konkurrent auf Augenhöhe der Wiener Kunstfilm war jedoch die Sascha-Film, die kontinuierlich an Stärke zulegte – hatte sie doch das Familienvermögen ihres Gründers, Graf Sascha Kolowrat-Krakowsky, hinter sich.

Die erste „Schlacht“, wenn man so will, ging jedenfalls an die Wiener Kunstfilm. Schon im September 1914 brachte sie Berichte vom Kriegsgeschehen in ihrer neuen Wochenschau, dem „Kriegs-Journal“, das wöchentlich neu in den Kinos zu sehen war. Als Kameraleute waren Raimund Czerny und Heinrich Findeis an den Fronten. Auch der erste große Spielfilmerfolg der Kriegsjahre ging auf das Konto der Wiener Kunstfilm. Mit Liane Haid, die nach dieser Rolle zum ersten österreichischen Filmstar aufstieg, hatte man die perfekte Hauptrollenbesetzung für den Propagandafilm "Mit Herz und Hand fürs Vaterland" (1915) gefunden. Es folgten weitere Produktionen dieser Art, wie "Der Traum eines österreichischen Reservisten" (1915), "Mit Gott für Kaiser und Reich" (1916) und "Im Banne der Pflicht" (1917). Weiterhin sehr erfolgreich waren jedoch auch die Volksliteratur-Verfilmungen wie "Der Meineidbauer" (1915) und "Der Schandfleck" (1917). Bei allen eben erwähnten Produktionen führten jeweils Jakob Fleck und Luise Kolm Regie. Auch die bisher längste Produktion der Wiener Kunstfilm erscheint während der Kriegsjahre: "Der Verschwender". Wilhelm Klitsch und Liane Haid zählen in diesem wie in vielen anderen Filmen der Wiener Kunstfilm dieser Jahre zur Hauptbesetzung. Weitere vielfach eingesetzte Schauspieler sind Hermann Benke und Karl Baumgartner. Der beim Publikum beliebte Darsteller Max Neufeld befindet sich hingegen im Kriegseinsatz.

1919 wurde die Wiener Kunstfilm-Industrie von Anton und Luise Kolm als Vita-Film neu gegründet.

Das Atelier der Wiener Kunstfilm befand sich im damaligen Wiener Vorort Mauer, wie aus einer zeitgenössischen Anzeige hervorgeht. Vermutlich standen sie an der selben Stelle, wie die noch heute bestehenden Rosenhügel-Filmstudios, die von der Nachfolge-Gesellschaft Vita-Film errichtet wurden.

Quelle: Wikipedia


 
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